Wieder schieben wir die Südtirol-Tour auf, zu unsicher ist in diesem heißen Sommer die Wetterprognose für ein so aufwendiges Unternehmen. Stattdessen was "Kleines" in der Nähe. Nähe stimmt, klein nicht.
Peter hat noch Alex und Kerstin eingeladen, uns bis zur Hütte zu begleiten. Leider hab ich wenig davon, denn die 9,5km Radfahrt entpuppen sich für mich als eine üble Quälerei, während sie sich für Peter und Alex offensichtlich kaum vom einem Spaziergang unterscheidet. Sogar Kerstin ist fitter als ich. Als wir nach ca. 1,5h die Räder an der Talstation der Materialseilbahn abstellen, hab' ich das sichere Gefühl, dass es für mich hier schon vorbei ist.
Knapp 30min später stehen wir vor der Tutzinger Hütte und der beeindruckenden Kulisse der Benedikten-Nordwand. Hier verabschieden wir und von Alex uns Kerstin und stehen 10min später am Einstieg. Die Tour ist zweigeteilt, zunächst fünf Seillängen über eine Rampe in die Wandmitte, dann acht Seillängen über eine markante Rippe, die sich ca. 100m westlich des Gipfels durch die Wand zieht. Der erste Teil ist einfach und nur anfangs etwas ausgesetzt. Vor uns ist ein Pärchen unterwegs, mit dem wir bis zum Schluss immer wieder zusammentreffen werden.
Der erste Teil ist in ca. 1,5h bewältigt und ist sogar für uns ohne größere Herausforderungen. Auch der zweite Teil beginnt locker mit überwiegend IIer Gelände. Die erste III+ Stelle, ein Kamin, nehme ich im Vorstieg ganz souverän. Na also, geht doch. Spannend wird die 10. Seillänge, die ich wieder im Vorstieg habe. Sie führt rechts weg von der Rippe in scheinbar komplett glattes, höllisch ausgesetztes Gelände. Das ist nur dann leicht zu machen, wenn man die Schuppe entdeckt, hinter die man greifen muss, um sicher hochzukommen. Der nachfolgende Stand ist mit einem Fensterbrett in einer Hochhausfassade vergleichbar.
Die folgende Länge mit einer IV- Passage nimmt Peter im Vorstieg, im Nachstieg für mich kein Problem. Unseren Meister finden wir in der 12. Länge. "Auf schmalem Band nach rechts" heißt es lapidar, tatsächlich führt ein offesichtliches Band nach rechts, leider in haarsträubendes Gelände mit einem alten Mauerhaken, der mich lange glauben lässt, richtig unterwegs zu sein. Erst mit Hilfe eines Kletterers aus der nachfolgenden Seilschaft finden wir mit vereinten Kräften den richtigen Weg. Über 1h verballern wir hier.
Nun liegt nur noch die IV+ Schlüssellänge vor uns. Blöde Sache, denn mit den vielen Querungen gibt es keine echte "Zurück"-Option mehr. Peter löst die 4+ Stelle technisch, indem er eine Trittschlinge baut und mir die freundliche Weise hinterlässt. So pack auch ich das, aber auch nicht anders. Geschafft.
Ab dem Ausstieg sind es noch gut 20min bis zum Gipfel, den wir gegen 15:30Uhr erreichen. Wow, unglaublich, dass ich diesen "Heimatklassiker" (1.800m) erst heute zum ersten Mal bestiegen habe. Und dann noch auf einer durchaus ehrenvollen Route.
Gut 1h später genießen wir ein Abschluss-Radler auf der Tutzinger Hütte. Selten hat mir das Tourabschlussbierchen so gut geschmeckt. Ein weiter Leckerbissen folgt, die Bike-Abfahrt durch das Lainbachtal ist durchweg gut und rasant fahrbahr und entschädigt für die morgentliche Quälerei.