Da dieser Sommer wohl hütten- und damit auch hochtourenlos sein wird, möchte ich wenigstens gern die Arnspitzüberschreitung, den Jubigrat oder die Öfelespitze als "große" Saisonziele anstreben. Nach den Erfahrungen des Vorjahrs braucht es dafür Vorbereitung, was ja auch die Steinfalktour gezeigt hat. Der Gleirsch schien mir ein gutes Vorbereitungsziel, um Kondition zu bolzen, exponierte Gratluft zu schnuppern und ein wenig zu Kraxeln.
Die Tour erweist sich einfacher als ich dachte, aber vor allem auch als viel schöner und aussichtsreicher mit der Möglichkeit eine Menge Neues zu entdecken. "Vorbereitungstour" ist eine ungerechte Degradierung.
Wir starten um 7:15Uhr am kostenfreien Parkplatz außerhalb von Scharnitz mit den Mountainbikes und überqueren kaum 30min später die Isar. Ab hier steigt es moderat an, etwa 100hm sind auf einer Strecke von ca. 600m Meter zu überwinden, das geht. Ab dann geht es relativ flach hoch über der Gleirschklamm etwa noch 1km weiter bis zum Radldepot (55min). Das Wetter ist traumhaft schön, keine Wolke am sattblauen Himmel.
Zu Fuß geht es weiter auf einer Forststraße über drei weitläufige Kehren. Der Abzweig in den Wald hinauf zur Gratschulter ist nicht erkennbar und der GPS-Track, den wir dabei haben, enthält nach Aussage des Autors einen Verhauer. Trotzdem treffen wir nach ca. 20 steilen Minuten auf einen neuerdings markierten Jägerpfad. Der führt uns durch Wald, Latschen und Felsen passgenau oberhalb des Blutgrabens (sic) auf die richtige Seite der Südflanke. Von dort sind es noch ca. 150 gut einsehbare Höhenmeter zur Gratschulter (3:00h).
Hier machen wir eine kleine Brotzeitpause und genießen die bereits bombastische Aussicht. Ein echter Aussichtsberg. Nach 20min Pause brechen wir auf, der moderat wirkende Anstieg zur ersten Graterhebung ist steiler als er aussieht, aber harmlos. Nur wenige Male kommt man so nah an die Kante, dass man die Höhe und Steilheit des Nordabbruches wirklich wahrnimmt. Dann ist Schlucken aber schon erlaubt.
Auf dem Gratbuckel sieht man zum ersten Mal das Gipfelkreuz und denkt, dass man es schon fast geschafft hat. Aber Vorsicht, das Kreuz entpuppt sich schließlich als 7m hohes Megateil. Deshalb wirkt es deutlich näher als es tatsächlich ist. So zieht es sich noch fast 1h über wegloses Schrofengelände. Ein paar Felsstufen erfordern den ein oder anderen Ier-Kletterzug. Ein super schönes Gelände mit cooler Aussicht.
Nach nicht ganz 4:30h erreichen wir den Gipfel, der uns mit einem Wow-Blick auf den Barthgrat empfängt. Wir machen ausgiebig Pause und genießen den - zumindest für mich - neuen und ungewohnten Ausblick. Das feine Wetter und das Gipfelbierchen verstärken den Genuß noch weiter.
Der Abstieg führt uns zunächst durch ein recht steiles, bröseliges Kar, das Konzentration erfordert. Karwendel eben. Nach ca 45min Abstieg queren wir den Südgrat und steigen zunächst durch Latschengelände, dann durch einen schönen, lichten Mischwald weiter ab. Gut 1:45h brauchen wir bis zur Amtssäge im Gleirschtal und von dort nochmal zähe 45min bis zum Radldepot. Ab dann rollt es aber und auch der Gegenanstieg von der Isar ist nicht so tragisch. Eine lohnende Tour.